Schlagzeilen wollen Stimmungen erzeugen – oder wie Halbwahrheiten die Bürger für dumm verkaufen…

Fast alljährlich erleben wir die gleichen Meldungen: „PKV passt an“ oder „Wer kann die PKV im Alter noch bezahlen?“ Nachdem ich in den letzten Tagen immer wieder auf einen „Stern“-Artikel aus der Printausgabe vom 5.1.2017 angesprochen wurde, möchte ich heute einmal die Frage aufwerfen: was ist eigentlich dran an diesen Informationen?

„Der Brief kam im November. Absender war die Debeka, einer der größten Krankenversicherer des Landes. ‚… steigen die Beiträge im kommenden Jahr leider an‘, stand da. Jens David las nicht weiter. Er sah nur Zahlen. 527 Euro soll er künftig zahlen. Jeden Monat….“ Und weiter: „In Cottbus starrt Jens David auf ein Blatt mit Zahlen: die Prämien der vergangenen 16 Jahre, permanent gestiegen von 296,84 Euro bis 527,38 Euro.“

Dies entspricht einer überdurchschnittlichen Verteuerung von jährlich ca. 4,8%. Ein deutlicher Wert. Doch STOP: Der Branchendurchschnitt lag laut PKV-Spitzenverband im Vergleichszeitraum bei 3,5%. Damit muss es Anbieter geben, welche umgekehrt deutlich darunterlagen.

Und richtig: Auch in unserem seit 2004 aufgebauten Gesamtbestand über hunderte Mandate können wir bestätigen, dass viele Anbieter deutlich darunterblieben.
Als viel spannender mag daher der Vergleich zur GKV empfunden werden. Auch hier hatten wir in den letzten 10 Jahren eine Steigerung des Beitragshöchstsatzes von 543,-€ auf aktuell 804,-€ – und damit einen nahezu identischen Wert.

Allerdings wurden im gleichen Zeitraum zusätzlich über 150 Milliarden an Steuerzuschüssen zur Beitragsstabilisierung investiert. Und als ob dies nicht ausreichen würde, erlebten Sie als Bürger wie bereits in den Jahrzehnten zuvor weitere, teilweise massive Leistungskürzungen. Für viele Bürger ein Grund nicht nur Zahnzusatzversicherungen für weitere Beiträge abzuschließen.

Wie kann es also zu den doch deutlich stabileren Beiträgen in der PKV kommen?

Sicher ist der größte Unterschied in der Besonderheit der PKV zu finden. Während die GKV auch heute noch auf einem Umlageverfahren basiert, in welchem die Jungen für die Alten bezahlen, kalkuliert die PKV für jeden Bürger eine individuelle Prämie. Hier werden alle (statistischen) Kosten, welche über ein ganzes Leben entstehen, betriebswirtschaftlich erfasst und auf den Monatsbeitrag umgelegt. Damit dürfte der Beitrag, abgesehen von der Inflation und der steigenden Lebenserwartung, eigentlich gar nicht mehr steigen.

Denn in jungen Jahren werden bereits Altersrückstellungen für die teurere Zeit im Alter gebildet. Aktuell befinden sich übrigens über 230 Milliarden Euro in den Rückstellungen. Das bedeutet: Die PKV könnte bereits heute ohne weitere Einnahmen alle Rechnungen für alle PKV-Versicherte über 10 Jahre hinweg aus den Rücklagen bezahlen.

Im Vergleich dazu stellt sich die Frage: Wie lange würde wohl das gesetzliche System aushalten? Hier gibt es leider keine echten Rücklagen!

Wie konnte es dann zu solch massiven Beitragsanpassungen im Jahr 2016 kommen?
Wie jeder Sparer bereits bemerken konnte, muss auch die PKV aktuell mit niedrigeren Zinsen und Renditen an den Kapitalmärkten auskommen. Das bedeutet, es muss heute mehr eingezahlt werden, damit die Beiträge später ausreichen. Allerdings bleibt die Frage wie lange dieses Niedrigzinsumfeld noch bestehen wird. Denn sobald die Zinsen wieder steigen, werden die Beiträge umgekehrt auch wieder fallen. Und wer nun bedenkt, dass wir nicht nur bis zum 60. Lebensjahr versichert sein werden, sondern in der Regel deutlich länger, erkennt schnell, dass die meisten von uns noch Laufzeiten von weit über 30-40 Jahren vor sich haben. Da wird es wohl noch einige Hochs und Tiefs an den Märkten geben.

Im weiteren Verlauf versucht der Artikel, mit aus dem Kontext gerissenen Fragmenten weitere Klischees zu bedienen, welche wir hier der Vollständigkeit halber richtigstellen wollen.

Beitragsanpassungen GKV versis PKV vor dem Superwahljahr 2017

War es nicht ziemlich ungeschickt, vor dem Wahljahr 2017 diese Beitragsanpassung durchzuführen?
Grundsätzlich werden Beitragsanpassungen laut Versicherungsvertragsgesetz nur zu ganz bestimmten Zeitpunkten und Anlässen juristisch zugelassen. So interessierte es rechtlich auch nicht, dass die meisten PKV-Tarife in den letzten 3 Jahren kaum ihre Beiträge erhöht hatten. Als sich das Szenario im Sommer abzeichnete, versuchten sich die Verbände im August/ September 2016 auf eine kundenfreundlichere Kalkulationsgrundlage zu verständigen. Es macht ja wenig Sinn, 2-3 Jahre keine Anpassung machen zu dürfen, um im darauffolgenden Jahr umso deutlicher anpassen zu müssen. Doch genau hier haben Spitzenpolitiker ein klares Veto dagegengesetzt und diese Schlagzeilen eingefordert. Warum die gleichen Politiker fast still und heimlich den gesetzlichen Kassen zum selben Zeitpunkt über 1,5 Milliarden an zusätzlichen Zuschüssen überwiesen, kann nicht nachvollzogen werden. Lag es daran, dass man zum Jahresbeginn die GKV nicht in die gleiche Bredouille bringen wollte? Doch auch ohne diese offiziellen Erhöhungen der GKV wurde der Beitrag von 770,-€ auf über 804,-€ zum 1.1.2017 angepasst, allein auf Grund der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen. Leider hört man davon genauso wenig wie von der Anhebung der Zusatzbeiträge welche teilweise noch zusätzlich erhöht wurden.

Stimmt es, dass immer weniger Bürger in die PKV wechseln?

Wer die Historie der PKV genauer verfolgt, erkennt schnell, dass es immer wieder zu stärkeren Zuwächsen wie Abgängen kam. Denn um in die PKV wechseln zu können, müssen zunächst verschiedene Kriterien erfüllt werden. In Zeiten, in denen immer weniger Bürger sich selbständig machen oder verbeamtet werden, werden auch immer weniger in die PKV wechseln können. Zudem hat die starke Anhebung der Versicherungspflichtgrenze den Wechsel deutlich erschwert.
Darüber hinaus wurden die Tarife im Zuge der „Unisex“-Umstellung auch deutlich optimiert. Damit wurden in vielen Billigtarifen deutliche Leistungsverbesserungen eingeführt und die Kalkulation auf noch sicherere Basis gestellt. All das führte jedoch zum 1.1.2013 zu einer Verteuerung der neu abzuschließenden Tarife um bald 30%. Wohlgemerkt nicht im Bestand, sondern bei Neuabschlüssen. Damit verschwanden der davor häufig geltende Preisvorteil und die damit verbundene Beitragsersparnis/ Motivation zum Wechsel. Allerdings erlebt die Branche auf Grund deutlicher Leistungsunterschiede und trotz medialer Angriffe seit ca. 18 Monaten wieder eine deutlich steigende Nachfrage.

Ist die Bürgerversicherung die bessere Lösung?

Zunächst müsste man die Frage stellen: „Welche Bürgerversicherung meinen Sie?“ Denn wer genau hinschaut, stellt fest, dass SPD, Grüne und Linke damit mindestens drei ganz unterschiedliche Konzepte meinen.
Aber ganz generell stellt sich die Frage, in welchem Kontext war es jemals gut, nur einen Anbieter zu haben? Eine Partei? Eine Lösung? Glauben Sie die Bürgerversicherung könnte etwas am demografischen Wandel ändern? An den damit steigenden Kosten und Beiträgen?
Wussten Sie, dass Wissenschaftler bereits seit langem darauf hinweisen, dass man mit der Systemumstellung sogar noch mehr ältere und teurere Teile der Bevölkerung in das GKV-System aufnehmen würde? Beamte und Selbständige sind ca. 3-5 Jahre älter und haben sogar mehr Kinder als der Rest der Bevölkerung. Das kann nicht billiger werden!
Da liegt die Vermutung viel näher, dass die Befürworter der „Bürgerversicherung“ in Wirklichkeit an die Altersrückstellungen der PKV kommen möchten. 220 Milliarden Euro Rücklagen würden locker über die nächste Wahlperiode helfen. Doch wie ginge es dann weiter?

Vorwurf: PKV erstattet Leistungen nicht

Ein interessanter Vorwurf aus ganz aktueller Sicht. Als ich diesen Artikel im Januar geschrieben haben wunderte ich mich über die Darstellung. Wie ich ihn gerade publiziere werden in verschiedenen Medien Kritiken laut, dass die GKV nicht zahlen würde und wie man sich dagegen wehren kann. Scheinbar gibt es hierzu eine grundlegendes Problem? Oder geht es einfach um Stimmungen? 

Man hört und liest in dem „Stern“-Artikel, dass Leistungen nicht erstattet werden. Was ist dran?
Wer sich diese Geschichten anhört, erkennt häufig, dass es sich hierbei entweder um alte Tarife oder sogenannte „Billigtarife“ handelt. Und ja, noch bis 2013 warnten auch wir unsere Mandanten mit dem Zitat, dass: „über 70% aller Tarife oft schlechtere Leistungen als die GKV vorsehen“. Das hat sich zum Glück wie oben beschrieben mit den „Unisex“-Tarifen ab dem Jahren 2013 deutlich geändert. Wie der gleiche „Stern“-Autor in diesem Artikel HUK und Debeka als besonders hochwertig darstellen konnte, ist mir persönlich allerdings unverständlich. Denn gerade diese beiden Anbieter haben noch heute Klauseln in Ihren Verträgen, welche aus unserer Sicht kaum jemand guten Gewissens abschließen würde. Aber der Autor Herr Hoffmann wird ja auch vom „Stern“ mit dem Slogan beworben, dass er „seit über 30 Jahren versucht, die Wirtschaft zu verstehen“. Dann wäre es vielleicht zielführend, sich auch fachlich korrekt beraten zu lassen.

Beiträge im Alter also doch bezahlbar?

Eine gleichermaßen gemeine wie individuelle Frage. Gemein, da hiermit gerne Stimmung betrieben wird; individuell, da Sie von zu vielen Faktoren abhängt.
Zunächst erleben wir nachweislich bereits seit über 40 Jahren, dass die mathematische Grundlage nicht täuscht. Weniger Beitragszahler und mehr Leistungsempfänger in der GKV bedeuten steigende Beiträge im Alter. Eine individuelle Kalkulation der Kosten mit entsprechenden Rücklagen bietet daher die größere Sicherheit. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Siehe Beiträge im Alter
Der aktuell noch vorherrschende Vorteil der GKV mag sicher die Familienversicherung, sowie bei Menschen mit geringem Einkommen die prozentuale Beitragserhebung vom (niedrigen) Einkommen sein. Ob der Vorteil der Familienversicherung jedoch noch lange gilt, möchte ich in Frage stellen. Bereits beim Einkommen übersehen die meisten Bürger, dass bereits seit 2004 nahezu alle Einkunftsarten bei der Beitragsberechnung berücksichtigt werden. Da werden Beiträge schnell deutlich teurer als geplant. Umgedreht entfallen bei Privattarifen im Alter oft einige Bausteine wie das Krankentagegeld, oder der gesetzliche Zuschlag (ab dem 60. Lebensjahr) und wer zusätzlich mit den Ersparnissen gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung Rücklagen gebildet hat, kann im optimalen Fall sogar beitragsfrei in der Rente versichert bleiben.

Auf der anderen Seite hat die PKV jedoch in den letzten Jahren zusätzliche Notlösungen für den jeweiligen Einzelfall geschaffen. Egal ob Basistarif oder Notlagentarif, so können auch Schieflagen locker überstanden werden und zu keinem mir erdenklichen Zeitpunkt würde sich eine wirkliche Schlechterstellung ergeben.

Allerdings kommt es hier wie so oft auf die fachliche Begleitung und seröse Betreuung auch während der Versicherungsjahre an. Entscheiden Sie sich daher für den richtigen Tarif und einen professionellen Coach, der immer im Blick hat, ob Ihr Vertrag noch zu Ihren Bedürfnissen passt.

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